Gerold Bausch

Elektroingenieur
Leipzig
Das „Internet der Dinge“ und die Digitalisierung haben es dem Elektroingenieur Dr.-Ing. Gerold Bausch angetan. Er spezialisierte sich auf Mikrorechentechnik, die es ermöglicht, Alltagsgeräte miteinander zu vernetzen. Wir haben ihn im Forschungszentrum der HTWK Leipzig besucht.
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Gerold Bausch, Elektroingenieur aus Leipzig
Als ich Dr. Gerold Bausch in seinem Büro des Forschungszentrums Life Science & Engineering in Leipzig besuche, schaue ich in einen Spiegel, der mir in roter Schrift auflistet, welcher Ethnie ich angehöre, wie alt ich bin und was für einen Puls ich gerade habe – und das ohne ein Kabel. Ich fühle mich gläsern und bin doch beeindruckt von den Möglichkeiten der Mikrorechentechnik. Dr. Bausch, oder einfach Gerold, ist Elektroingenieur und leitet die Forschungsgruppe gemeinsam mit einem Kollegen. Die meiste Zeit sitzen die sieben Mitarbeiter und aktuell fünf Studierenden an ihren Computern in Rauhfaser-Büros und schreiben Software-Algorithmen. Gerold ist jedoch auch oft unterwegs, um seine Mission nach außen zu tragen. Er referiert auf Kongressen zum Thema Digitalisierung, ist bei Firmen vor Ort, bespricht aktuelle Projekte und zeigt Forschungsergebnisse, beratschlagt sich mit lokalen Partnern wie der Industrie- und Handelskammer oder unterrichtet als Dozent an der HTWK Leipzig die Fächer „Digitale Signalverarbeitung“ und „Grundlagen der Informationstechnik“. Er macht das alles gern: „Das ist ein total abwechslungsreicher Job, hier habe ich mit so vielen Sachen zu tun: Ich bin Ideenentwickler, Verkäufer, Manager und Recruiter – das macht es total spannend.“ Zu seiner Profession fand er erst durch eine Ablehnung: Eigentlich wollte der gebürtige Sachse Medientechnik in Mittweida studieren, doch beim Eignungstest stellte er fest, das journalistische Überschriften finden nichts für ihn ist. Man empfahl ihm, Elektrotechnik zu studieren. So kam er zum Studium an die HTWK Leipzig und fand schon bald Zugang zur Forschergruppe von Prof. Dr.-Ing. Matthias Sturm, der ihn mit seiner Begeisterung für Embedded Systems ansteckte.

Wie kamst du zu deinem Job?
Durch eine Verkettung vieler glücklicher Zufälle: Bis zum Ende meines Studiums bin ich davon ausgegangen, dass ich, wie viele meiner damaligen Kommilitonen, nach dem Studium zum Arbeiten nach Bayern oder Baden-Württemberg gehen würde. Ein Jahr vor meiner Masterarbeit fragte mein Professor mich, ob ich im Anschluss eine Promotion absolvieren möchte. Als Fachhochschulstudent hatte ich an diese Option überhaupt nicht gedacht. Sowas, dachte ich damals, sei nur ein Privileg für Universitätsabsolventen. Aber der Gedanke, in der Forschung tätig zu sein, gefiel mir sehr, da ich schon während meines Studiums am Forschungs- und Transferzentrum der HTWK Leipzig in Forschungsprojekten mitgearbeitet hatte. Also bin ich nach dem Studium nach Rostock gezogen, um an der Universität zu forschen. Leider waren nach zwei Jahren die Gelder aufgebraucht und wir bekamen keine weitere Förderung. Allerdings war ich mit meiner Arbeit noch nicht mal Ansatzweise so weit, um die Dissertation einzureichen. Nachdem ich also dachte, dass der Plan gescheitert war und ich bereits das erste Bewerbungsgespräch bei einem Unternehmen in Hamburg hinter mir hatte, rief mich mein damaliger Professor aus Leipzig an und fragte, ob ich für die weitere Forschung wieder nach Leipzig kommen möchte. Irgendeine Finanzierung wird sich schon finden. So bin ich wieder in Leipzig in einer Forschungsgruppe gelandet und habe die Dissertation dann auch abgeschlossen. Während dieser Zeit habe ich mit einem Kollegen eine eigene Arbeitsgruppe aufgebaut, so dass ich nie daran gedacht habe, weiterzuziehen oder in die Industrie zu wechseln.

Was inspiriert dich?
Als Wissenschaftler lese ich viel. Neben wissenschaftlichen Texten auch Biografien wie beispielsweise die von Elon Musk, dem CEO von Tesla und SpaceX und Richard Branson, dem CEO von Virgin. Ansonsten bin ich ein großer Fan des Autors Michael Lewis und lese Bücher aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Psychologie. Generell interessieren mich die großen Herausforderungen und warum wir uns bei der Bewältigung vieler Probleme so schwer tun. Das Thema „Digitalisierung“ steht bei mir natürlich auch ganz oben auf der Liste. Es gibt unzählige Autoren und Webseiten, die ich regelmäßig verfolge. Aktuell lese ich das Buch „Factfulness“ von Hans Rosling. Das kann ich sehr empfehlen!
Was ist positiv an deinem Job?
Besonders positiv finde ich die Tatsache, dass ich mit vielen klugen Köpfen zusammenarbeiten kann, um ständig neue Ideen auszuprobieren. Wenn man im Technologiebereich tätig ist, ändert sich fortlaufend etwas. Was gestern noch technisch unmöglich erschien, ist auf einmal kein Problem mehr. Die Weiterentwicklung verschiedener Bereiche wie Künstliche Intelligenz, Bildverarbeitungsmethoden et cetera geht so rasant voran, dass wir ständig neue Ideen haben, um Dinge anders beziehungsweise besser zu machen.
Da ich im Technologietransferbereich tätig bin, komme ich mit sehr vielen Unternehmen in Kontakt. Die Unternehmen sprechen uns an, weil sie unser Know-how benötigen, um Digitalisierungsprojekte umzusetzen. Somit bin ich ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert und auf der Suche, wie sich unsere Forschung mit realen Problemstellungen verbinden lässt.
Seit letztem Semester habe ich auch das Glück, dass ich Studierende unterrichten darf. Momentan mache ich das noch in klassischer Weise durch Vorlesungen. Zukünftig möchte ich aber auch hier die technologischen Fortschritte nutzen, die in den letzten Jahren entwickelt wurden. Ideen dazu habe ich viele, aber die Umsetzung dauert dann doch länger, als gedacht, da das ein ganz neues Feld für mich ist.
Und was negativ?
So wirklich negativ ist eigentlich nichts. Selbstverständlich gibt es Dinge, die nicht optimal sind. Aber genau das sind ja die spannenden Herausforderungen an denen unser Team arbeitet. Wenn alles positiv wäre und es keine Herausforderungen mehr gäbe, hätte ich wahrscheinlich auch keine Lust mehr auf den Job.

Würdest du den Job weiterempfehlen?
Auf jeden Fall! Natürlich muss man gewisse Dinge mögen. Ich gehe ja keiner klassischen Forschertätigkeit nach.
Was sind deine drei wichtigen Worktools?
1. Computer
2. Papier und Stift (nutze ich immer noch am meisten für Skizzen und Ideen)
3. Mein Kopf
Was rätst du Neueinsteigern?
Generell würde ich Studierenden raten, das zu machen, was ihnen Spaß macht und nicht so sehr darauf zu schauen, was gerade en vogue ist beziehungsweise welche Gehälter gezahlt werden. Speziell wenn man als Ingenieur in der akademischen Forschung tätig ist, macht man das nicht des Geldes wegen.
Wie schätzt du die Zukunft deines Berufsfeldes ein?
Sehr positiv. Es gibt noch so viele Dinge, die die Menschheit ist Zukunft verbessern muss. Eine wesentliche Voraussetzung für positive Veränderungen ist Bildung. Zum Glück sitze ich an der Quelle.
Was möchtest du noch erreichen?
Die Liste ist lang. Ich würde mich freuen, wenn es mir gelänge, die Kooperation zwischen regionalen Unternehmen und unserer Hochschule noch weiter zu intensivieren. Sowohl im Bereich der Forschung als auch der Ausbildung. Zum einen möchte ich, dass sich die Ausbildung besser am zukünftigen Bedarf orientiert. Die Digitalisierung wird viele Berufsbilder – unter anderem den Ingenieur – komplett verändern und wir wissen heute noch nicht, wie. Momentan wird da aus meiner Sicht viel zu wenig getan. Nur durch den engen Austausch mit Unternehmen und durch Ausprobieren neuer Methoden und Inhalte haben wir die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Zum anderen möchte ich Wege finden, damit die Wirtschaft viel stärker vom Know-how der Hochschule und unserer Forschung profitiert. Israel ist da ein Vorbild für mich. Der wichtigste Rohstoff des Landes ist Bildung. Jeder Wissenschaftler ist dazu angehalten, Dinge zu erforschen, um aktuelle und reale Probleme zu lösen. Sogenannte Elfenbeintürme – also von realen Problemstellungen abgekoppelte Forschungsfelder – sind dort kaum zu finden. Dieses Potential besitzen wir als Hochschule der angewandten Wissenschaften und Arbeitsgruppe auch und müssen es in Zukunft noch intensiver ausbauen. Ich glaube, dass es extrem wichtig für die Region ist. Und auf ein Spin-Off, also der Ausgründung von Forschungsergebnissen in Form eines Unternehmens, habe ich auch große Lust.
Welchen Ausgleich gönnst du dir?
Ich verreise sehr gern. In den letzten Jahren war ich viel im Nahen Osten – Jordanien, Israel und dem Westjordanland. Das ist eine großartige Region mit tollen Menschen. Leider verbinden viele die Menschen und deren Religion als auch die Region an sich mit viel Negativem. Im Sommer gehe ich häufig mit Freunden segeln, meistens auf der Ostsee oder dem Mittelmeer. Und im Winter zieht es mich in die Berge zum Skifahren.
Für den kleinen Ausgleich zwischendurch treibe ich Sport (Jogging, Radfahren, Beachvolleyball) oder gehe mit Freunden etwas Eessen oder trinken.

Interview und Fotos: Katrin Haase, Portraitfoto: HTWK Leipzig
Steckbrief
- Alter: 38
- Wohnort: Leipzig
- Beruf: Elektroingenieur
- Branche: Wissenschaft, Bildung, Technologietransfer
- Anzahl an Arbeitstagen: 5
- Arbeitsstunden pro Tag: 10
- Pausen pro Tag: 1
- Status: angestellt
Kontakt
Website: labp.htwk-leipzig.de
HTWK Leipzig Forschungszentrum
Dr.-Ing. Gerold Bausch
Eilenburger Straße 13
04317 Leipzig
Telefon: 0341 3076-3103
E-Mail: gerold.bausch@htwk-leipzig.de
Twitter: @labp_htwk